Schatzkarte

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Verlorene Schätze und weiße Flecken

Lost Place 1 – Friedhof der Züge
Uyuni war einst wichtigster Eisenbahnknotenpunkt des Landes, da sich hier die Strecken aus den rohstoffreichen Gebieten des Landes vereinigten, um ebnen diese Rohstoffe nach Antofagasta an den Pazifik zu bringen. Doch bereits 1884 verlor Bolivien im Salpeterkrieg seinen territorialen Meereszugang an Chile – damit auch Antofagasta und die kostenfreie Nutzung dieses Schienenstranges. Seit 1916 wurde Salpeter auf Grund der Entwicklung des Haber – Bosch Verfahrens zur Herstellung von Schwarzpulver plötzlich nicht mehr benötigt und brach als Einnahmequelle weg. Im weitern Verlauf bis in die 1970er Jahre verfielen die Preise für Silber, Zinn und erschöpften sich zudem. Dies alles und die Parallel verlaufende Umstellung auf Dieseltraktion lies eine riesige Flotte Dampflokomotiven und Wagons wertlos werden. Doch statt selbige noch irgendwie gewinnbringend zu verkaufen oder einzuschmelzen, stellte man alles 3km außerhalb der Stadt ab und überlies das rollende Material der Wüste.


Irgendwann endeckten reisende Eisenbahnfreunde den Friedhof und machten die Szenerie weltweit bekannt. Auch die örtlichen Veranstalter von Adventure Touren erkannten nach und nach das Potential des Ortes und bringen heute täglich mehrere hunderte Touristen dorthin. Jedoch ist der „Cementario de Trenes“ auch ohne Guide frei zugänglich – ohne Eintritt oder jegliche Absperrung!!! (in D undenkbar). Und so entwickelte sich dieser Spot durchaus zum kleinen lokalen Wirtschaftsfaktor. Es gibt zwar keine asphaltierte Straße dorthin, doch liegt hier auf dem Gelände keinerlei Müll. Dafür gibt es mittlerweile zwei ordentliche Toiletten (kostenfrei) und eine Dauerversorgung durch örtliche Krimskrams – und Imbisshändler. > Lost Place!??

Lost Place 2 – Minera Pulacayo
Nur knapp 20 km Luftlinie von Uyuni entfernt lokalisierte man vor rund 200 Jahren riesige Silbervorkommen. Daraus resultierend Entstand die Siedlung Pulacayo, welche im Laufe Ihrer vom Bergbau geprägten Existenz bis 1970 fast 60.000 Menschen Arbeit und Brot brachte. Ein ziemlich unwirklicher Anblick wenn man heute auf 4000m Höhe plötzlich verlassenen Industrieanlagen, bunten Abraumhalden und einer Menge strukturiert angelegter Wohnhütten begegnet. Zwischendrin ein großes Verwaltungsgebäude im Kolonialstil und um den Ort herum hunderte Handtuch Felder begrenzt mit Steinmauern um die Grundversorgung in dieser Höhe sicher stellen zu können.
Wenn man eintritt stellt man fest, dass hier immer noch Menschen leben. Einige der Hütten sind nach hiesigem Standard hergerichtet worden und tragen Satellitenschüsseln. Bei der Fahrt durch die engen Gassen begegnet man einer Schule, zwei mini Mercados und dann tatsächlich auch ein paar Menschen………..wir googeln……….


Pulacayo hat für den Staat Bolivien eine große Geschichtlich Bedeutung – es gibt Quellen die berichten, dass die Mine/der Ort einst an 2. Stelle der Silberförderung weltweit stand. Seit 2013 werden daher vom Ministerium für Bergbau und Entwicklung Mittel bereit gestellt welche die Erhaltung und touristische Nutzung in Zukunft gewährleisten sollen. Doch mit dem Tourismus in Bolivien verhält es sich wie mit jeder Pflanze in der unwirtlichen Umgebung der Hochanden…….es braucht viel Zeit, Geduld und Pflege, dass sie wächst. Immerhin haben einige Veranstalter aus Uyuni den Trip dort raus mittlerweile im Pogramm……..ist das also ein verlorener Schatz!!??


Weißer Fleck – Salar de Uyuni
Wer sich eine physische Landkarte des Kontinents etwas näher betrachtet, findet besonders im Bereich des Andenhochlandes viele weiße Flecken – und ja -hier ist nichts. Nichts außer Salz.
Nun – das stimmt so bei genauerer Betrachtung sicherlich nicht, denn der Aufbau dieser Flächen ist geologisch sehr komplex. Denn der Salar und seine kleineren Nachbarn sind Überbleibsel eines riesigen zusammenhängenden Süßwasser Sees der vor 40.000 Jahren einen großen teil des Altiplanos bedeckte. Immerhin hat der auf 3663m Meereshöhe gelegene Salzsee heute noch eine Fläche von 10.582 km2! Die längste Distanz von Ufer zu Ufer (Diagonal) beträgt 200km, die Dicke (Tiefe 130m). Diese besteht aus mehreren Schichten Salz, Schlamm, vulkanisch sedimentäre Sequenzen die sich abwechseln. Darüber hinaus beherbergt er das bis heute größte bekannte Lithium Vorkommen der Welt – soviel zu den Fakten dieses Geokonstrukts.


Wenn man am Rand steht und blickt hinaus in die Weite kann man das ohne Sonnenbrille nicht tun!!! Der Blendeffekt ist gewaltig!!! Wenn man dann die Gläser auf hat ist man überwältigt von der schier unglaublichen gleichmäßigen Fläche die bis zum Horizont durch nichts unterbrochen zu werden scheint. Und tatsächlich gibt es außer zwei „Inseln“ keinerlei natürliche Erhebung. Lediglich ein „Salzhotel“ mit dem Dakar Monument sowie erst neuerlich im Randbereich erschaffene Salzskulpturen stellen im östlichen Seebereich Orientierungspunkte dar.


Den Salar zu Überqueren war eigentlich unser Wunsch bzw. Plan und ist mit einem GPS auch sicher kein Problem. Noch dazu könnte man sich von Süd nach Nord an den fünfeinhalb Tausendern Vulkanen orientieren die sich über die flimmernde Fläche am Horizont erheben. ABER – es ist Regenzeit und große Flächen stehen knöchel – bis knietief unter Wasser. Wo genau ist aus der Ebene nicht ersichtlich – und wenn – vielleicht erst zu spät. Wenn du hier mit dem Bike und Hundert Sachen ankommst ergibt das einen ungewollten Flachköpper. Selbst wenn man durchkäme würde das Spitzwasser der Salzlauge die Elektrik der Bikes relativ schnell zerstören – ein Beispiel ist die Dakar Etappe von 2015 als dutzende Bikes bei Regen auf dem Salz ihren Dienst quittierten. Und so entscheiden wir uns gegen dieses Abenteuer. Nur ganz auf ein Foto mit den Bikes wollen wir auch nicht verzichten, weshalb wir uns langsam bis an die ersten Pfützen 200m vom Rand entfernt heranwagen…….Klick.


Doch ohne „Innere Erfahrung“ möchten wir auch nicht weiterziehen und so buchen wir in der Stadt einen Tagesausflug mit Guide und 4×4. Zusammen mit einem brasilianischen Paar und einem aus F/USA erfahren wir die oben genannten künstlichen Bauten auf dem See. Dabei wird einem klar, dass der weiße Fleck gar keiner ist. Es gibt „Straßen“ auf dem Salar die zu Dörfern an seinen Rändern führen – welche man auf NICHT asphaltierten Pisten außen herum – höchstens auf einer Tagesreise erreicht. Doch auf den weißen Pfaden legt selbst der altersschwache Linienbus seine 80km an und ist in 1,5 h dort. Hunderte Offroader der in Uyuni ansässigen Agenturen bringen täglich tausend Tausend Touristen auf den See – und doch findet jeder Wagen eine Stelle wo sich alle anderen in der flimmernden Ferne verlieren.

Das Gefühl von „Allein auf dem Mond“ wird real, wenn die Oberflächenstruktur der Salzkruste keine einzige Spur mehr auf weißt und Du der Erste bist der dort seinen Abdruck hinterlässt – mit NICHTS in der Ferne!!!!
Als Highlight seien hier noch die Dämmerungsphasen gepriesen. Denn gerade in der Regenzeit zaubert die schräg stehende Sonne unvergleichliche Spiegelungen in die Landschaft. Der weiße Fleck bekommt plötzlich Farbe und gibt seine Geheimnisse preis – man muss nur noch hingehen und die unlöschbaren visuellen Artefakte aufsammeln.