Viajeros de Sudamerica

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Wie reist man auf dem Kontinent?

OK – Wir haben es geschafft, wir haben s getan!!! Wir haben tatsächlich unsere Bikes über den Ozean gebracht und sind los gefahren! – Keine Frage – das ist eine Leistung die Stunden, Tage, Monate an Vorbereitung und Recherchen brauchte. Unzählige Whats App Nachrichten und Telefonate, Hilfe von Freunden, Familie, Kollegen und, und, und……..Und jeder in diesem Kreis sieht die Leistung genau so ein Projekt umzusetzen als gewaltig an, denn keiner den wir kennen, kennt jemand aus erster Hand der das auch schon gemacht hat. Dazu noch mit dem Motorrad……in Südamerika – einem Kontinent der in Europa eher durch Wirtschafts – und Umweltkatastropen wahrgenommen wird!!?? Dazu Korruption, Gewalt, Kriminalität!!! Wenigstens 50% halten uns für verrückt aber auch gleichzeitig mutig und wir uns selbst zwischenzeitlich auch – denn wir können nicht wissen: Wie fühlt sich reisen an auf diesem Kontinent an?


Großartig!!! Schon beim recherchieren wird klar – Reisen ist hier auch völlig normal. Egal ob national oder International, ob geschäftlich oder privat, in den Urlaub, zur Familie, zum Studium oder Arbeit. Google Maps ist voll mit Einträgen zu Ausflugszielen, Wanderwegen, Hotels, Restaurants und Museen – und das in jedem Land des Kontinents. Überall dort findet man Fotos von Reisenden, zu Fuß, getrampt, per Flieger, Bus & Bahn PKW, Wohnmobil und selbstverständlich Motorrad. JAAA Motorrad!


Die Südamerikaner lieben Motorräder und Motorradfahrer Südamerika – schon nach einer Woche verstehen wir warum. Zum einen ist es die Weite und die dadurch entstehenden Möglichkeiten Routen zu wählen die zu Zielen führen die ganz weit draußen sind. Doch im Gegensatz zu Europa gibt kaum Alternativen zu der gewählten Route nach ganz weit draußen was wiederum bedingt dass sich die Reisenden auf diesen Routen begegnen.


Diese Begegnungen sind die Essenz des Reisens und schmieden vor allem hier auf dem Kontinent eine Allianz – völlig unabhängig der Nationalität oder der Reiseuntersatzes. Schon als wir unsere Uruguay Runde drehen schlägt uns eine Menge Sympathie auf der Straße entgegen – und dabei ist noch nicht mal ersichtlich das wir aus Alemania sind!? Lediglich unsere Mopeds fallen auf, da das Model Yamaha Tenere 700 hier nicht angeboten wird – nur in Chile seit 2023. Alle die motorradbegeistert sind wissen das und unsere Mopeds sind Muy Lindo!!!!!! Das macht die Maschinen umgehend zum Foto Objekt – mit oder ohne uns, mit Papa, Sohnemann, Tochter und Mama…….Und dann das Nummernschild?? – kann niemand einordnen – weder URY, ARG, BRA, PRY???????……Wir beobachten oft wie die Leute im Auto hinter uns anfangen zu googlen. Alemania!!!!!!!! Das ist nicht zu fassen!…..“und sie kommen hier her um unser Land zu bereisen?“ „Si porque no?“


Das geht in Argentinien genau so weiter und wird sogar noch besser. Als wir aus Buenos Aires heraus auf die Ruta 3 biegen um endlich Meter nach Süden zu machen bekommen wir von jedem zweiten LKW Lichthupe, auch von jedem 4ten PKW!!!??? Die, die wir überholen tun oft das Gleiche??? Natürlich überholen wir so wie bei uns zu Hause!!!………beruhigt Euch Leute!!!…..wir wissen von Europa die eigene Geschwindigkeit in Raum und Zeit sehr gut einzuschätzen, und unsere Motor Power reicht für Euch alle………!!! Es dauert rund 1000km bis wir begreifen, dass es keine Warnsignale sind, sondern dass man uns als Reisende wahrnimmt….und anfeuert! YEAH – zwei Biker – verwegen mit Gepäck im Kampf gegen den Wind, die Pampa, Endlosgeraden und Einsamkeit – und ja – auch deren Gefahren!! Keiner checkt in dieser Situation wo wir her sind – geschweige denn aus Alemania und dem alten Kontinent.


Wenn wir am Mirador oder sonst wo halten – das selbe Spiel wie in Uruguay. Dabei ist es niemals aufdringlich oder anmaßend. Es ist unglaublich mit wieviel Respekt und freundlichen Ratschlägen man uns für unsere Unternehmung begegnet und wir versuchen natürlich den Respekt als Gäste des Landes zurück zu geben. Dabei spielt es wiederum keine Rolle ob wir von einem Familienvater im abgehalfterten argentinischen FORD Falcon oder der gutbetuchten brasilianischen Familie im Mercedes Benz Wohnmobil angesprochen werden – es sind ausnahmslos freundliche bis herzliche Begegnungen!


Hier in Südamerika kommuniziert die Reise Comunity scheinbar auf Augenhöhe, niemand schaut auf den anderen herab! Besonders in Argentinien – das sei hervorzuheben! Scheißegal was du fährst – ob MAD MAX Wohnmobil oder 60 jahre alten Benz Hauber, klassischer VW Bulli, Reisedampfer, 50jahre alter PKW, Moped, Chopper oder Superenduro – man erkennt dich, man erkennt sich – und findet zusammen!!! Dabei Reist man auch gerne mit Hund und Katz. Jaaa!! – Auch auf dem Motorrad!!! Wir treffen ein argentinisches Pärchen -sicher ende 60, dass auf ihrem 400er Chopper nebst Campinggepäck auch noch den Vierbeiner mit nach Feuerland nimmt. Oder der Kanadier der hinten auf dem Bock einen wirklich großen Wuff als Sozius mit durch die Welt kutschiert!! Dort wo man sich trifft werden dann reisepersonalisierte Sticker des jeweiligen Trips ausgetauscht oder an Wände, Scheiben und Schilder gepappt. Mit Internet Adresse ………falls mal jemand was braucht.

Wir beginnen zurück zu Grüßen > Trucks, PKWs, Radfahrer, Mopeds sowieso! Wer hier liegen bleibt muss nur beim nächsten Fahrzeug die Hand heben – keine Frage – es wird halten und es wird Hilfe angeboten – so wie nur irgend möglich. Wir haben uns noch niemals beim Reisen so gut gefühlt wie hier – jaaa das Feeling ist real!!

Solch ein Zusammenhalt ist uns in Europa (auch unter Bikern) wohl mittlerweile leider etwas abhanden gekommen, und leider allzu oft einem hochnäsigen Prestigedenken gewichen – what a shame!!! Und in diesem Zusammenhang beginnen wir uns selbstkritisch zu hinterfragen – bestens ausgestattet mit Material und Moneten auf einem Kontinent, wo sich 80% der Menschen weder jährlich einen Urlaub leisten können, geschweige denn 6 Monate mit bester Hardware!!????? Doch statt Neid oder Abneigung schlägt uns Bewunderung und Freude entgegen – Alemania!!


So und so werden wir an unsere Wurzeln erinnert, als wir mit 16 und der Simson vollgepackt nach Pilsen zum Camping aufgebrochen sind! Pilsen – was für eine Entfernung!??? Heute und hier lächerlich! Auf diesem Kontinent starten Paare gemeinsam auf einer China 150er von Buenos Aires nach Feuerland – natürlich mit 100%Camping!!! Was anderes können Sie sich nicht leisten!!! Und das ruft voller aufrichtiger Ehrlichkeit unsere Bewunderung hervor. Nicht wir – sondern sie sind die wahren Helden der Landstraße!! Enthusiasten wie ein Pärchen aus Ecuador, welches mit einer 200er Honda nach Ushuaia fährt. Mangels Verfügbarkeit von Motorrad Schutzkleidung haben sie sich Volleyball Schützer über Jeans und Jacke geschnallt und darunter alles an was geht. Sie frieren fürchterlich als wir sie in Calafate an der Tanke treffen. Aber Sie wollen das unbedingt machen und als wir Sie um ein Foto bitten strahlen Sie heller als die Sonne. Es wärmt Ihr Herz , dass zwei perfekt equipte Alemanos ihnen Respekt zollen.


Oder auch die kolumbianischen Pärchen – beide gerade mal so groß wie ihre 600er hoch bepackt! Die einen haben zudem noch ein paar Reifen drangedengelt – so ne Fuhre muss sich steuern lassen wie ein Raketentransporter…..doch in 5 km beginnt der Schotter!!! – Sie wissen was sie tun.
Genauso Rodrigo – der fahrende Poet. Seit 6 Jahren mit einer 125er durch Argentinien unterwegs um an Schulen die Muttersprache und Literatur zu unterrichten. Oder die beiden jungen Brasilianer die wir gerade am Fin del Mundo treffen als sie mit ihrer 300er nach Alaska Fairbanks aufbrechen. WOW, YEAH! Wir sind nichts gegen euch – und doch sieht deren aller Antwort völlig gegenteilig aus – Bienvenidos viajeros de Sudamerica – ustedes son parte de nosotros!!!! Bon Viaje!!!


Doch es geht auch anders. Wir lernen eine Gruppe geführter Motorradfahrer kennen, die für 18 Tage Reise und 20 Übernachtungen mit Essen pro Person so viel Geld ausgeben wie wir ungefähr für unsere ganze Reise incl. Transport!!! Getränke, Sprit, Flug und Sozia kommen bei denen dann noch extra! (Ihr dürft gerne Googeln) Das alles um hier mit einer 1200GS hinter dem Guide herzufahren und sich in vermeidlicher Sicherheit wiegend den wilden Outdoorer zu mimen – denn ein Begleitfahrzeug für Gepäck und Service ist immer dabei. Das klingt sicher fies – vielleicht ist es das ja auch – aber mehr fällt uns dazu nicht ein. Den Gipfel allerdings stellt eine Gruppe geführter Wohnmobilisten aus D / A / CH dar. Die geben pro Person (nicht Wohnmobil!) das doppelte von den Motorradfahrern aus!! Zwar für 7 Monate – aber die Leistungen sind schnell erzählt: Landesprachliche Betreuung und Unterstützung der bei den Formalitäten der Grenzübertritte, Roadbook, Koordinaten für Treffpunkte und 20 Exkursionen zu Sehenswürdigkeiten mit deutscher Führung.
Transport, Flug, Campingplatz, Sprit, Verpflegung – ja das ganze tägliche Leben kommen extra! In diesem Tross sind sogar noch drei Weltreise LKW dabei die für ganz, ganz, ganz weit draußen gemacht sind!! Das verschlägt uns die Sprache und jedem Südamerikaner wahrscheinlich auch.


Aber auch weitere alternative Möglichkeiten bzw. Personen die diese nutzen begegnen uns. Es gibt praktisch vom Motorrad über das Auto bis zum Oversize Camper alles zu mieten. Wir treffen zwei junge Franzosen, die sich in Bolivien eine 250er Irgendwas gekauft haben und hier unterwegs sind – zwei Griechen hatten in Peru diverse Mopeds beschafft. Expeditions LKWs aus Europa, Fahrradfahrer, Tramper, Busreisende, – aber alle auf eigene Faust! Und wer sich drauf einlässt wird mit Sicherheit den Respekt und die Leidenschaft der Kontinentalbewohner für Traveling in Southamerika erfahren.


In diesem Sinne wer nicht wagt…………..

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Die Mitte des Kontinents

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Die Mitte der Anden

Ein weiterer Grund ist, dass wir scheinbar schneller reisen als in Patagonien – doch dass ist nur subjektiv der Fall. Vielmehr ist es so, dass die Landschaftsmonumente oder auch spektakulären Routen viel enger zusammen liegen als im Süden des Kontinents. Vor allem in Anden Nähe – oder eben auch mittendrin – wird man dermaßen mit Eindrücken bombardiert, dass es kaum noch zu verarbeiten ist. Was hier täglich – auch in kürzeren Distanzen – auf einen einprügelt ist schwer zu sortieren und nur noch mit Bildern zu beschreiben.


Schon allein die Höhen zu erreichen, welche in Europa nur die höchsten Gipfel bieten können ist ein unglaublicher Moment des Glückes und oft atemberaubend – im wahrsten Sinne. Der Weg sich zu akklimatisieren, die Art wie es funktioniert, die Temperaturunterschiede auf dem Altiplano, Tageszeit abhängige Farbenspiele und natürlich trotzdem die Entfernung zwischen den urbanen Flecken – all das setzt sich zu einem wunderbaren Puzzle zusammen welches aus der Entfernung unmöglich erscheint. Wer Sehnsucht nach der Allmacht von Mutter Natur hat fühlt sich genau hier richtig aufgehoben und einsam zu gleich. Das gilt natürlich auch für das Tiefland in welches wir nach Iguazu einen Abstecher (mit dem PKW) unternehmen und am Ende die gleichen Bedingungen wie für das Hochland feststellen.

Wir kommen auf Höhen bis zu 4971 m/üNN und erfahren Temperaturen bis 39 Grad bei 70% Luftfeuchtigkeit. Durchqueren Land – knapp 500 km ohne Ortschaft, doch wer hier reist muss niemals allein sein. Wenn Du ein Problem hast wird der nächste der vorbei kommt halten und Hilfe bieten. Keiner ist satt, hat wegen Reichtum geschlossen, oder ist misstrauisch dem Fremden gegenüber. Dies bedingt zwangsläufig wieder Begegnungen zu lokalen Menschen und/oder soziale Beziehungen zu anderen Reisenden. Erstere bieten Einsichten in die Struktur der Bevölkerung des Kontinents, Zweitere in die verschieden Arten, Weisen und Gründe eine Reise zu unternehmen. Und so kommt es, dass wir durch – bereits im November zu einem Schweizer geknüpfte Verbindungen – auf unserem Tripp plötzlich mal 2 Wochen zu dritt unterwegs sind. Der kannte wieder jemand der ebenfalls mit einer T7 unterwegs ist. So finden wir mit Cedric zusammen der auf Weltreise ist, und zufällig auf der gleichen Route unterwegs wie wir. Mit Ihm treffen wir in Salta nach drei Monaten auch den Schweizer Christian wieder – genauso wie wir Anne aus Tanna, tausende km vom letzten Mal entfernt.

Jeder Einzelne – jede einzelne Reise, wäre es wert philosophisch tiefer beleuchtet zu werden – doch dazu fehlt uns von hier schlicht die Zeit, da die Priorität ja auf unserer Eigenen – und damit dem erreichen selbst gesteckter Ziele liegt.
Von daher soll dieser Artikel in ein paar Bildern und Videos die Vielfältigkeit der Mitte des Kontinents – die Mitte der Anden Beschreiben, mit dem Versuch die hier geschriebenen Worte zu untermauern. Wer mehr vom letzten Monat sehen will checkt bitte unsere Polarstep Site.

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Halbzeit

Veröffentlicht in: Reise | 2

Rückblick, Stand und Vorschau

Rückblickend betrachtet sind wir sehr positiv von Uruguay überrascht, dem Land welches nur durch Zufall unser Tor zum neuen Kontinent wurde, aber auf Grund spanungsarmer Topographie leider nicht so recht in den Reiseplan gepasst hat. Deshalb sind wir heute doch sehr froh, dass wir dort noch eine Runde gedreht haben bevor wir Richtung Süden aufgebrochen sind. Schon hier schlägt uns große Sympathie entgegen, dass wir mit unseren eigenen Motorrädern Südamerika bereisen wollen.


Buenos Aires hingegen ist schlicht zu groß und die Zeit einfach zu kurz um ein tiefen Einblick in die Seele der GIGA City zu bekommen – doch dafür sehr beeindruckend. Im Rückblick einer der bisher abenteuerlichsten Orte und vielleicht auch der gefährlichste auf unserer bisherigen Reise, da wir diese völlig unübersichtliche Stadt mit irrem Verkehr auf den Motorrädern durchqueren mussten.


Bereits 30km außerhalb ist das alles weg und vergessen, es beginnt die schier unendliche Weite des Kontinents. Tankstellen und Ortschaften sind plötzlich 70 bis 100 km auseinander und jetzt wo wir endlich fahren können fällt die ganze Anspannung der Reisevorbereitungen ab. Freiheit, Genuss!!! – was für ein unbeschreiblicher guter Gefühlsmix den wir erstmal stundenlang erleben können. Es beginnt auch eine Zeit der Begegnungen – ausnahmslos positiv bis herzlich und erleben dabei ein Land im Rausch als Argentinien Fußball Weltmeister wird. Mit dem Argentino Matias Bibel – (der heißt wirklich wie das heilige Buch!!! > Aber Jesus (Hernandez) betreibt schließlich auch eine Erotik Geschäft in Buenos Aires) – finden wir einen Freund, der uns seit unserem Zusammentreffen auf der Ruta 40 und unserer gemeinsamen Zeit in Calafate per Internet mit Rat und Tat zur Seite steht.


Auf den bisherigen 12500 km hatten wir in Summe tatsachlich nur 1h Regen beim fahren!!! – Und Tage mit Regen beschränkten sich hauptsächlich auf das südliche Feuerland. Die tiefsten Temperaturen lagen bei knapp unter 0 dort, die heißesten bei 36 hier in Santiago! Knapp über 2 Monate bereisten wir Patagonien und unser härtester Gegner war dabei der Wind! Stunden verbringen wir in Schräglage obwohl wir gerade aus fahren wollen. 2 Mal haut er uns fast um – 1 Mal schafft er es tatsächlich. – Keine Sorge – nix passiert! Wir standen schließlich schon und doch hatten wir keine Chance die Mopeds gegen den seitlichen Angriff aufrecht zu halten!!! – beide gleichzeitig und keine Kamera an!!! What the Fuck.

Die Landschaften, die Natur – Flora und Fauna sind überwältigend, es ist noch viel besser als wir es uns vorgestellt haben! Yeah.!!!! Auch wenn Atlantik und Pazifik jeweils „nur“ Ozeane sind unterscheiden sie sich deutlich von einander, genauso wie Chile und Argentinien. Die Unterschiede finden sich nicht nur in der Landschaft, sondern auch bei den Menschen und ihrer Sozialisierung, staatlicher Strukturierung, den Preisen und, und, und…..


Jetzt sind wir hier in Santiago de Chile – der dritten Metropole des Kontinents um unseren beiden Yamahas den wohlverdienten Service zukommen zu lassen. Die Mopeds schlagen sich wirklich tapfer im harten Einsatz und sind für uns nach wie vor beste Wahl zu diesem Zweck. Außer 3 Plattfüßen, einer gebrochenen Gepäckaufnahme im Heckrahmen und einer defekten USB Steckdose gibt es hier nichts zu beklagen. Aber das ist alles Kinderkram und auch bereits repariert. Einzig ein manchmal seltsames Geräusch aus meiner Kupplung, welches allerdings jeweils nur hin und wieder – und dann auch nur einmalig nach morgendlichen Kaltstart auftritt – macht uns Gedanken. Doch die Yamaha Leute konnten nichts finden.
Dafür Endeckten wir an unseren Koffern (alle 4) im unteren Aufnahmebereich leichte Risse im Aluminium. Das ist in sofern enttäuschend, da wir bei Touratech ganz oben ins Regal gegriffen hatten um das auf dem Markt beste Material zu wählen, welches von Weltreisenden unter harten Bedingungen erprobt wurde. (Werbung Touratech) Aber auch das bekommen wir hier in Santiago repariert und sollte nun die restliche Reise halten. Jedes Moped lag bis jetzt je 3 Mal auf der Seite, 1 Mal vom Wind 1 mal weil die original Bereifung überfordert war und einmal wegen mangelnder Erfahrung – im Sand wohlgemerkt – nix passiert dabei.


Auch uns geht es Gesundheitlich wirklich gut – außer einer leichten Erkältung war nix gewesen. Corona gibt es auf dem Kontinent nicht mehr seit wir hier sind und auch das Essen vertragen wir bestens – keinerlei Probleme bis jetzt. Nach drei Monaten jedoch beginnt man schon deutlich die Lieben zu Hause zu vermissen – vor allem wenn man weniger Abenteuer hat – so wie in den letzten beiden Wochen – und damit geistig weniger gefordert ist.


Dies wird sich wieder ändern! Direkt nach Santiago steigen wir hoch in die Anden – und das gleich richtig! Mit dem Paso Christo Redentor reisen wir auf Schotter in 3800m Höhe wieder zurück nach Argentinien, um anschließend im Zick Zack und Wechsel beider Länder nach Norden zu ziehen. Dabei erreichen wir Höhen bis zu 4785 m und auch wieder Gegendenen ohne wirkliche Zivilisation auf hunderte Kilometer – genau richtig nach den dicht besiedelten Regionen Chiles. Den Wind haben wir nun hinter uns gelassen, doch die nun zu erwartenden Gegner heißen Temperaturschwankung, Luftdruck und auch Hitze in der Atacama Wüste. Kaum zu erwarten das diese Sparringspartner leichter werden – und das alles bei wesentlich erhöhtem Schotteranteil.


Ende Februar soll es dann nach Bolivien weiter gehen – Salar de Uyuni, La Paz, Yunga Road und Titicacasee See stehen auf dem Programm. Mitte/Ende März dann nach Peru mit Cuzzco, Machu Pichu, Nazca und so weiter. Ob Peru wirklich klappt steht im Moment in den Sternen, da die politische Situation dort nach wie vor schwierig und undurchsichtig ist. Es wäre äußerst schade wenn wir dieses Land liegen lassen müssten. Deshalb stehen wir mittlerweile mit Einheimischen, als auch nach Peru ausgewanderten Personen, in Kontakt die uns auf dem Laufenden halten……..wir werden sehen.


Euch allen die unsere Reise im Blog oder auf Polarsteps verfolgen an dieser Stelle schon mal einen herzlichen Dank, wir hoffen ihr werdet gut unterhalten……bis demnächst, beste Grüße von den Europeridern Mang & Henning!

  • Außengelände Hotel
  • ehemaliges Krankenhaus
  • Gärtnerei
  • Wandelgänge
  • Wildgehege
  • Idylle im Außengelände
  • Hotel Baviera
  • Besuch von Pinochet
  • Alpenvorland?
  • Maschinen aus D
  • Hotel Baviera
  • Deutsche Entwicklungshilfe
  • Gästehaus und Vorraum zum ehemaligen Tempel
  • ehemaliges Krankenhaus
  • Sport und heile Welt
  • Gaben aus Deutschland
  • Gondelteich
  • Zippel Haus - Restaurant
  • Unterhaltung mit Jürgen
  • Zippel Haus - Restaurant
  • Zippel Haus - Restaurant
  • Hotel Baviera - Flur
  •  ehemaliges Gästehaus
  • Hotel Baviera
  • Panzerglas zum ehemaligen Büro Schäfer
  • ohne Worte
  • Paul Schäfer
  • Hallo Deutschland
  • Rezeption Hotel Baviera
  • Jürgen
  • holer Baum für Kameras
  • Spanndraht und Bewegungsmelder
  • zweisprachige Tafel zur Entwicklung

Colonia Dignidad

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Gemeinschaft der Würde?!

Jürgen ist 58 und sieht so deutsch aus wie ein Deutscher nur aussehen kann. Er gibt sich auch gar keine Mühe uns in spanisch zu begrüßen sondern kommt freundlich und bestimmt an unseren Tisch im Restaurant des Hotels Villa Baviera mit einem „Herzlich Willkommen“. Dabei steht er ganz kurz stramm wie zum militärischen Gruß mit geschlossenen Hacken, den Händen hinter dem Rücken und leichter Verbeugung. Die Szene ist skurril – schließlich sind auch wir in dieser Umgebung eindeutig als Deutsche zu erkennen! Doch wie wir später merken war das weder gespielt noch eine Andeutung zum 3. Reich. Denn Jürgen ist hier geboren, aufgewachsen in Zucht und Ordnung und somit Zeitzeuge des Geschehens, ein ausgezeichneter Gesprächspartner mit Detailwissen wie wir schnell merken. Er lebt und arbeitet hier im gastronomischen Service, und auf dem Gelände der ehemaligen Colonia Dignidad – genau wie Erika – eine Dame Mitte 70 an der Rezeption oder Renate (vielleicht Mitte/Ende 50) die hier scheinbar Manager Aufgaben übernimmt. Während wir nach dem Einchecken beim Bierchen sitzen entdecken wir immer mehr Leute (ab 50 aufwärts), welche ohne Zweifel deutscher Abstammung sind und können sogar Gesprächsfetzen dieser Personengruppen in unserer Muttersprache wahrnehmen.


Als der Asphalt an diesem Tag endete kommen wir an ein Pförtnerhaus, welches vom Baustil an jeder westdeutschen Kaserne stehen könnte. Schon die letzten 10 km war die Flora um die Straße so wie in Alpennähe in einem heißen Sommer. Das Vorgebirge der Anden erhebt sich und nach der Einfahrt auf das Gelände folgen wir einem Weg, der mit Stacheldraht an Betonsäulen gesäumt ist wie einst an der innerdeutschen Grenze oder um Konzentrationslager der Nazis – für uns einzig offensichtlich erkennbares Relikt einer düsteren Vergangenheit. Denn nach anderthalb Kilometern erreichen wir das Hotel Baviera und damit das touristische Zentrum der Anlage Villa Baviera….. ja verdammt wir sind in Deutschland und fühlen uns gerade wirklich wohl!


Ein Jeder der gute westdeutsche Hotelbauten aus den 70er/80ern kennt die bis heute nicht restauriert wurden weiß was das heißt. Rote flies Teppiche überspannen Treppen und Flure, die Wände sind halbhoch mit Holz getäfelt (Eiche rustikal) Messingtürbeschläge und Fenster mit Ado Gardinen sowie Borde zieren die Öffnungen nach draußen – ja es riecht sogar nach deutschem Desinfektion bzw. Reinigungsmittel. Das Restaurant „Zippel Haus“ könnte sowohl außen und innen jeder schwäbischen Gemeinde gut zu Gesicht stehen. Es gibt einen Dorfladen mit Produkten eigener Herstellung, einen Biergarten, Eisbein, Sauerkraut und Schweinebraten. Außen herum sind wirklich grüne Wiesen, Apfelbäume, Wandelgänge, Gärten und Alleen, ein Gondelteich, Wildgehege, Pool, Spielplätze mit Blockhütten. Kremserfahrten werden angeboten, der Ritt zu Pferd oder mit einem 70er Unimog über das Gelände, zudem schwebt über allem der Klang von Blasmusik und Heimatliebe.
Phuhaaahhh….soviel DEUTSCHLAND hatten wir nicht erwartet – die chilenischen Tagestouristen hingegen schon!

Es ist Samstag gegen 18.00 Uhr und alles ist proppevoll mit Einheimischen die hier gegen Eintritt am Pförtnerhaus ein Stück Alemannia erleben können ohne jemals den Kontinent wechseln zu müssen. Sie haben meist keine Ahnung dass Sie die heutige helle Sonnenseite von 1500 ha urbar gemachten Land genießen, welches seit 1990 von den Nachfolgefirmen der Colonia Dignidad verwaltet wird – Jürgens Schilderungen aus der Zeit davor werden die meisten von Ihnen nie erreichen, obwohl ein Museum in spanisch und deutsch Auskunft gibt.


Paul Schäfer verstand es, wie jeder geborene Anführer, die einfachen Leute von seinen Ideen, seiner Ideologie zu begeistern und zu überzeugen. Diese gründeten auf Gottesfurcht und einem einfachen Leben in christlicher Wertegemeinschaft, was in der BRD der 1950 Nachkriegsjahre viele Anhänger fand. Nach einer Karriere in der Wehrmacht und anschließend in der katholischen Kirche verschwand er nach Gründung eines Kinderheimes in Deutschland Richtung Chile um seiner Perversion neue Perspektiven zu geben. Er verstand es ganze christliche Familien – vorzugsweise Handwerksmeister – mit ins gelobte Land zu nehmen, um hier ein neues Leben frei von den satanischen Versuchungen der westlichen Welt führen zu können. Das Schäfer wegen Pädophilie bereits 1959 aus der Katholischen Kirche ausgeschlossen wurde und ihm in der BRD schon Strafverfolgung drohte, registrierte bei dem damaligen Informationsfluß/Informationsmöglichkeiten Niemand – weshalb ihn ein Flugzeug mit 150!!!! Anhängern – Männern, Frauen und Kindern nach Chile brachte.


Umgehend machten sie sich daran, das von Schäfer erworbene Land urbar zu machen – mit der Hand! Ganz im Gegenteil zum heiligen Buch trennte Schäfer dabei Jungen und Mädchen, Eltern und Kinder, Mann und Frau. Jeder für seine Aufgabe – Gott zu dienen, denn die Arbeit wird alle erlösen……frei nach dem Motto „Arbeit macht frei“. Das Beräumen der 1500 ha von Feldsteinen und Urwuchs erledigten die Jungen und Mädchen strikt getrennt Tag für Tag per Hand – Jürgen und Erika haben heute künstliche Hüften! Die Eltern, Meister und Fachleute errichteten die Infrastruktur und hatten keine Ahnung, dass es Schäfer lediglich auf die Jungen abgesehen hatte. Gerne gaben Sie ihre Kinder in die Obhut des guten Priesters der mit Ihnen Sport trieb und christliche Werte vermittelte. Es wurde Gesungen – fromme und alte Weisen, Theater gespielt – aber niemals etwas in dem sich Mann und Frau nahekamen!
Doch nach Außen wurde die heile Welt vermittelt! Dabei durften Eltern nicht mehr mit Ihren Kindern sprechen und wenn doch gab es Strafen, Familienfotos wurden nur für die Presse gemacht meist im gleichen Zimmer mit gleicher Deko! Niemand schien das aufzufallen und die Bewohner zäunten sich obendrein noch selbst ein und errichteten Ihr eigenes Konzentrationslager! Schaefer verstand es gegen jeden Zweifel eine gottesfürchtige Begründung zu finden. Geld stigmatisierte er als Teufelszeug und während ALLE in Dignidad ohne Entlohnung schufteten, häufte er selbst ordentlich Vermögen an indem auch ahnungslose deutsche Rentner, ganze Pensionen und Vermögen an „Gottes Werk“ abgaben – was für ein Zug!


Doch solch eine Entwicklung bleibt nirgendwo dauerhaft unbemerkt und ist auch alleine nicht zu bewerkstelligen. Es gab ein Netzwerk aus Mitwissern und Komplizen in Deutschland und Chile. Tonnenweise wurden Fahrzeuge, Maschinen und andere Waren in der BRD beschafft und als Entwicklungshilfe nach Chile gebracht – deklariert als Medizinisches Gut ohne Steuern und Gebühren. Umgekehrt wurde chilenisches Gold im selbst produzierten Honig nach D gebracht. Salvador Allende ist wohl hier mit seiner Justiz schon aufmerksam geworden, doch da kam der Putsch von Augusto Pinochet 1973 genau recht für Schäfers Pläne. Als konservativer Katholik lies sich der neue Staatslenker von dem in wenigen Jahren Erschaffenen der Colonia Dignidad sehr beeindrucken und auch blenden. Darüber hinaus erkannte er schnell, dass er mit Schäfer und seiner fast militärisch geführten Sekte einen Ort gefunden hatte wo kein politischer Gegner mehr Licht sehen würde. Dies führte zu der unheilvollen Allianz zweier Autokraten, wo der eine von Staatsseite auf dem Gelände foltern und töten lies und der Andere sexuell missbrauchte wie es wohl in schlimmster Vorstellung nicht fassbar ist. > Details von Jürgen möchten wir ersparen, aber vom Sex Sklaven bis zur Orgie im „Tempel“ sowie Züchtigungen und Elektroschocks war alles dabei.


Um von diesem Wahnsinn abzulenken errichtete Schäfer auf dem Gelände ein Krankenhaus, das für die gesamte Umgebung kostenfrei war und wirklich Leben und Gesundheit auch vieler Chilenos rettete > das betont Jürgen ausdrücklich. Es gibt eine Auflistung von tausenden chilenischen Kranken die behandelt und Kindern die hier geboren wurden – nur keine Deutschen!!!??? Die Sprösslinge der Auswanderer kamen Mitte der sechziger Jahre noch hier zur Welt – ohne Krankenhaus. Eine Heilung der Sektenmitglieder sollte nur durch Gotteshand erfolgen, dabei war einer der Köpfe Dignidads der deutsche Arzt Hartmut Hopp!!??
Allerdings wurden wohl auch regimetreue chilenische Ärzte stationiert die wiederum Ihren Dienst bei fragwürdigen Geheimdiensteinsätzen leisten mussten. Eine Landepiste wurde geschaffen und so erhielt auch die Außenwelt einen Zugang zum Gelände. Dieser wiederum war allerdings nur für Militärs und Waffenhändler, es wurde auf dem Gelände so einiges ausprobiert und verschoben. Die Colonia selbst verfügte über ein riesiges Arsenal an Pistolen und Gewehren und die wurden hier auch professionell hergestellt – Meister und Maschinen gab es genug. Und so einer wie Schaefer lebt natürlich irgendwann auch in Angst bzw. leidet unter Schizophrenie. Frei nach innerdeutschem Vorbild schaute er sich vom Sozialismus (den er hasste) ab wie mann sein Gelände sichert. Ausgehöhlte Bäume mit Kameras, Bewegungsmelder und Stolperdrähte, Panzerglas und eine ausgewählte Gruppe Jungs als bewaffnete Leibgarde…….nur Selbstschußanlagen waren dann wohl doch zu teuer.


Doch für Jürgen und die anderen gab es keine Zeitung, kein Radio, keine Schulbildung, keinen Berufsabschluss!!! Keine Beziehung zum anderen Geschlecht, dafür über 100 Hunde für die eine extra Küche eingerichtet wurde! Jürgen machte mit 38 Jahren seinen Realschulabschuss in Chile!!! Er hatte bis zum Alter von 30 Jahren noch nie etwas über Sexualität, Blutkreislauf oder Geographie gehört!!!…..das war 1994!!!! Dafür aber die Schreie von politischen Gefangenen aus einem bestimmten Gebäude der Anlage, dessen Keller extra beräumt wurde. Er selbst versuchte 5 mal zu fliehen – doch wohin ohne Kenntnisse der spanischen Sprache, ohne weltliches Allgemeinwissen in einer Welt die von Pinochets Geheimpolizei dominiert wurde!!!??? – 5 Mal wurde er aufgegriffen, ruhig gestellt und anschließend mit Elektroschocks behandelt, er war Tage ohne Bewusstsein, 2 mal versuchte er Suizid!!!!…….Jürgen ist ein Beispiel für viele jugendliche aus einer Zeit als Eltern den Priestern – egal welcher Konfession oder politischen Richtung – mehr vertrauten als Ihren Kindern. Was für eine Scheiße!!!!


Paul Schäfer der über all die Jahre auch beste Beziehungen in die deutsche Politik pflegte (sogar CSU Partei Leute waren hierzu Besuch!!!) machte zwei entscheidende Fehler. Erstens versäumte er es für Nachwuchs zu sorgen, da er ja keinerlei Hetero Beziehungen zuließ – die mit eingewanderten Eltern der jugendlichen waren irgendwann schlicht zu alt! Zweitens begann er in seiner unersättlichen Gier nach jungen Knaben, auch chilenische Kinder zu missbrauchen die hier zu Gast waren. Doch die zum Christentum konvertierten „Heiden“ sehen wohl Priester anders als die frommen Lämmer aus Deutschland und glaubten den Schilderungen ihrer Sprösslinge – nur durch Pinochets Schutz hielt sich die Sekte noch aufrecht!


Als der chilenische Diktator 1988 per Volksentscheid aus dem Amt gewählt wurde und dies den Übergang in die Demokratie bedeutete, war es gleichzeitig der Anfang vom Ende. Der staatliche Schutz zerbrach -1989 wurde die Colonia (auf dem Papier) aufgelöst und ging in 4 Nachfolgefirmen – u.a. die Villa Baviera über – Schäfer war verschwunden, zog aber im Hintergrund mit den Komplizen immer noch die Fäden. Urplötzlich hatte zwar die Pein und Gefangenschaft der Bewohner ein Ende, doch wo sollten Sie hin!? Ihre Juristische Person existierte nicht mehr – keine Pässe, keine Einzahlungen in Rentensysteme, keinerlei verdienter Lohn oder gar Liegenschaftseigentum – ihnen gehörte nichts!!! Dazu auf einem Kontinent dessen Sprache Sie nicht sprechen und ohne Schulabschlüsse in der Tasche. Zu allem Übel durften die alten Handswerkmeister über die ganze Zeit in der Colonia nicht ausbilden und Ihr Wissen weitergeben…..die Freiheit war nichts Wert!! Sie brachte sogar eine weitere grausame Wahrheit ans Licht > es gibt keine andere Perspektive, als diejenige hier zu bleiben und weiter zu machen an dem Ort wo Sie so viel Leid erfahren hatten. Unvorstellbar ist auch, dass weder der deutsche noch der chilenische Staat und insbesondere die nachfolge Firmen bis 2006 irgendeine Entschädigung an die Opfer zahlten – erst da erhielten Jürgen, Erika, Renate und die anderen ihre ersten Monatslöhne!!


Bis heute sind dutzende Klagen der Opfer in verschieden deutschen Gerichten anhängig, Chile hat mittlerweile die seinigen Opfer mit rund 100.000 Dollar pro Person entschädigt. Deshalb ist es absolut unverständlich wie Deutsche Staatsbürger, die Ihrer Würde und juristischen Person nachweislich beraubt wurden, die mit Wissen vorangegangener Regierungen (der BND war stets im Bilde, denn es gab Flüchtlinge die es bis nach D geschafft hatten) so im Stich gelassen werden, während unser Staat Milliarden ausgibt für Menschen denen wir rein Garnichts schulden!!!


Jürgen hat seit 2006 zwei Mal Deutschland besucht, seine Eltern sind dorthin zurück gekehrt. Viele der Alten konnten die Wahrheit nach dem Ende der Colonia nicht ertragen, einige haben sich Geld erstritten manche streiten noch heute. Doch für Erica, Renate, Jürgen und viele andere ist die Villa Baviera das zu Hause – das einzige was Sie als zu Hause kennen! Und so arbeiten Sie Tag für Tag auf dem Gelände oder im Restaurant Zippel welches ihnen über 30 Jahre eines freien Lebens beraubt hatte, wo Schauspiel und Bestrafung im Namen Gottes am selben Ort stattfanden! Auf die Frage wie er das ertragen kann antwortet Jürgen: „Er arbeite gern, er hat immer gern gearbeitet. Seit der „Alte Mann“ (P.S.) weg ist kann er nach christlichen Werten leben und sein Galgenhumor, seine Frau (die auch hier aufgewachsen ist) lassen ihn die Vergangenheit ertragen.“ Es bereitet ihm eher Sorge was wird, wenn einst die „deutschen Kinder“ nicht mehr hier sind und für Ordnung sorgen. Er fügt an „Dies ist der schönste Ort, den ich kenne weil wir ihn erschaffen haben.“ Etwas sprachlos können wir nicht so richtig verstehen wie das in seinem Kopf funktioniert – aber wir müssen Ihm zustimmen!!!


Wer mehr über den Wahnsinn der Colonia Dignidad wissen möchte sollte sich den gleichnamigen Kino Film mit Daniel Brühl und Emma Whatson von 2015 ansehen – Jürgen vergab hier eine glatte deutsche Eins.

Carretera Austral/Ruta 7

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Die Legendäre & Unvollendbare?

Das Territorium südlich von Puerto Montt (wir reden hier immerhin von einem Viertel des Landes) ist extrem dünn besiedelt und sehr zerklüftet, darüber hinaus herrscht ein strenges, kühles und niederschlagsreiches Klima, so dass eine Straße nach Feuerland technisch und wirtschaftlich lange Zeit unmöglich erschien.

Ausgerechnet unter Diktator Augusto Pinochet begann 1976 der Bau der Carretera Austral, der Ruta 7 durch die südlichen Fjordregionen bis ans Patagonische Eisschild. Als Prestigeprojekt und strategische Sicherung der Regionen verschlang die Strecke bis Anfang der 2000er Jahre rund 200 Millionen US Dollar – und das ohne Asphalt.
Dabei wurde die Ader nicht einfach von Norden nach Suden getrieben, sondern man begann an verschieden bereits existierenden Urbanen Gebieten wie z.B Puerto Asien, Coyhaique oder Cochrane aus um die dort schon vorhandenen Städtchen, Dörfer und Farmen auch mit Stichstrecken zu verbinden. Diese Ortschaften waren vorher entweder nur per tagelanger Schiffspassage oder über die argentinische Ruta 40 (damals auch nur Schotter) zu erreichen.


Doch da die beide Länder lange Zeit zueinander kein gutes Verhältnis hegten, und es immer wieder bis in die 2000er Grenzstreitigkeiten gab, war die Ostroute durch ARG in die Südregion auch keine sichere Option für Chile.
Auf Ihrer heutigen Länge von rund 1350 Km bis zu jetzigen Endpunkt bei O-Higgins, verläuft die Ruta 7 auf einer einzigartigen kurvenreichen Berg – und Talbahn durch eine Märchenlandschaft, die in dieser Form weltweit wohl einzigartig ist. Obwohl man nie wirklich eine Meereshöhe von mehr als 400m erreicht wechseln die Aussichten zwischen südlichem Regenwald, Canyons, Fjorden oder Südtirol…..dazu kommen Seen und Flüsse mit bisher unbekanntem blauen Farbton im 15min Takt. Bei schönem Wetter alle 10 min mit Mirador Gletscherblick, deren Namen man sich auf Grund der Anzahl nicht mehr merken kann!!!……alles ab 2000m Höhe trägt hier vornehmes Weiß auf der Haube!!


Auf Grund des Schotters – auch der groben Sorte – Jahrzehnte lang nur unter Fernwehtouristen und Einheimischen und beliebt/bekannt, entwickelt sich diese Straße für Chile nun zur langfristigen Investition in den Tourismus der ganzen Region. Obwohl es noch einige kurze Unterbrechungen der Asphaltdecke gibt (je 20 bis 30km) und die Stecke mittlerweile bis 100km hinter Coyhaique völlig fertig gestellt ist, darf die Ruta 7 weiterhin als Sehnsuchtsstrecke und Traumstraße für Abenteurer gelten!!! Auf unserer 3 tägige Passage von insgesamt 600 km treffen wir hunderte Motorrad-Fahrrad-und 4×4 Treiber aller Herren Länder – WOW!!


Wer jetzt von Euch harten Gesellen da draußen allerdings glaubt, dass das Abenteuer mit der fortschreitenden Asphaltierung schwindet täuscht sich gewaltig!!! Wie man hört ist im 30ig Jahresplan der chilenischen Regierung die die Vollendung der Ruta 7 bis Puerto Natales entlang der Westseite des Patagonischen Eisschildes bereits in Angriff genommen worden!!! What the Hell!!!! Unter militärischer Bauführung treibt man die Route in beide Richtungen voran – und das von Orten aus, die maximal Siedlungscharakter ohne bestehende Wege haben!!! Falls dass jemals Realität werden sollte, reden wir von einer kommenden Piste durch eine der niederschlagsreichsten und kühlsten Regionen der Erde!!! Auf 700km mit 3 weitern Fähren ohne Ortschaft!!!! Challenge accapted!! – Wir müssen wohl zurück kommen mit 80 Jahren auf die Ruta Siete nach Feuerland bis zum Fin de Camino!!!!!

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Fitz Roy, Cerro Torre & El Chalten

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Die Silhouette des Tourismus

Der Grund ist die (neben den Torres del Paine/Chile) bekannteste Silhouette der Südlichen Anden – das Fitz Roy Massiv mit seinen Gletschern. Völlig unverkennbar, majestätisch und noch gewaltiger erhebt es sich aus der Prärie als alles zuvor gesehene. Der Fitz Roy Gipfel mit seien 3406m thront dabei scheinbar übermächtig neben seinen Nachbarn die Teils ebenfalls ähnliche Höhen erreichen aber entweder in weitere Ferne liegen oder nicht solch ein markantes Gesicht haben – bis auf einen, der Cerro Torre – dem „unmöglichen“ Berg.
Wie eine Nadelspitze schraubt er sich fast senkrecht nach oben und ist bei über 3133 m Gipfel höhe keine 50m breit. Unendlich viele Dramen haben sich hier schon abgespielt, denn lange Zeit galt der Berg in der Szene als unbezwingbar. Und doch – oder gerade darum, machten sich immer wieder Seilschaften daran das unmögliche möglich zu machen – viele davon mit tödlichem Ausgang. Zum einen ist es sicherlich die extreme Topographie des Cerro Torre, doch auch der nicht ganz so steile Fitz Roy forderte immer wieder eine Menge an Blutzoll. Erst 1970 erreichten Cesare Maestrie, Carlo Claus und Enzo Almimonta den Gipfel des Cerro und auch wieder heil das Tal.


Die extremen und fast unvorhersehbaren Wetterverhaeltnisse hier am Patagonischen Eisschild in Verbindung mit den steilen Wänden der Berge machen die diese Gipfel zu den schwierigsten der Welt, der Cerro Torre davon mit dem höchsten Grad.1974 harrte eine Seilschaft auf 2000m 3 Wochen!!!!! In der Wand der Nadelspitze aus, da Wind und Schnee keine Bewegung mehr nach oben oder unten mehr zuließ! Völlig Irre!!!


Soviel Einzigartigkeit an Natur und Alpinismus braucht natürlich eine Basis und lies am Fuße der Berge das Dorf El Chalten entstehen. Es ist heute ein Touristenort par Exzellente und damit eigentlich überhaupt nicht das was wir suchen – aber etwas Anderes gibt es nicht. Natürlich hat es seine Vorteile ein Überangebot an Unterkünften, schicken Bars, Restaurants, und begleiteten Trekkingtouren zu haben – aber letzteres brauchen wir (noch) nicht und die Einheimischen stehen leider auch eher hinter dem Tresen als davor – sind weniger unters Volk gemischt als in Ushuaia oder Calafate. Kastellan spricht maximal ein viertel der Leute, der Rest ist Englisch, Französisch, Portugiesisch oder Deutsch – auch Südafrikaner Co Campen neben uns! Wenigstens sind die Bierpreise während der Happy Hour wirklich gut und die Happy Hour geht von 16.00 bis 20.00 Uhr. Das ist dann genau richtig um sich nach einer 23 km langen Wanderung im Hochgebirge (hin/rück) zum Mirador Tres Lagos oder der Laguna Torre in der Sonne zu belohnen. Apropos Sonne – wir sind 3 volle Tage in El Chalten und haben 2 davon bei bestem Wetter. Wir sehen alle Gipfel des Massivs und die Gletscher teils ohne Wolken – hätten wir vielleicht zum Gipfel aufbrechen sollen???!! Que Suerte y Adventura!

  • btf
  • dav

Torres del Paine

Veröffentlicht in: Abenteuer, Ort, Reise, Route | 1

Eingebrannt für immer

Bei sich nun wechselnder Wetterlage (vor 5 Tagen hatte es hier geschneit und die ganze Gegend war regnerisch Wochen bedeckt) tauchen wir 30 km hinter der Stadt in die Berge ein mit dem Feeling, dass die Gipfel ringsum wenigstens 2000m haben, aber die sind nur 1.4 bis 1.6…….Der Asphalt ist griffig doch auch mit Schotterabschnitten und teils tiefen Löchern, die Wolken klaren immer mehr auf, es wird heller aber auch der Wind nimmt immer mehr zu, vor allem starke Böen. Doch ringsum steht Wald, kein Problem, wir behaupten uns wacker gegen die stürmischen Angriffe dieses Elements und unmerklich zieht uns die Landschaft immer mehr in Ihren Bann. Es geht an einer Bergflanke eine sanfte Steigung hoch und urplötzlich werden wir zum Fotostopp gezwungen!


Unter uns ein gigantischer See in welchen ein türkisfarbener Fluss mündet. Dieser kommt aus einem hellgrünen Tal, welches wiederum in der Ferne einem dunkelblauen Bergmassiv zu entspringen scheint. Das Massiv ist wild zerklüftet mit markanten Spitzen und Gletschern darauf und erhebt sich mit steilsten Wänden aus der Ebene. Sicher gibt es in den Alpen auch ähnliche Erscheinungen – nur wer z.B. vor der sicherlich Erhabenen Eiger Nordwand steht (die Eidgenossen mögen mir das nach sehen), befindet sich auf der kleinen Scheidegg bereits auf 2000m/üNN und ist mitten im Hochgebirge. Hier haben wir 100m Meereshöhe und die Gipfel steigen aus dem nichts auf über 3000! – Das wirkt!!


Wir rücken weiter in den Nationalpark vor, und kommen damit auch diesen magischen Spitzen näher – WAHNSIN dieses Panorama – doch gewinnen wir kaum an Höhe!? Deshalb werden die Berge scheinbar überdimensional, aber auch der Wind – und der ganz real! WIND, sind wir mittlerweile seit 5000 km gewohnt – auch starken, böigen, und wir glauben gerüstet zu sein, für Alles was da kommen möge. Doch als wir über eine mit Wildpferden bestandenen Ebene fahren drückt uns eien seitliche Böe um ein Haar von der Piste in den Graben…..wirklich mit Glück und sofortiger Reaktion kommen wir im „Bankett“ zum Stillstand…..und selbst in diesem Bewegungsstadium sind unsere Fuhren kaum zu halten bis der Angriff vorbei ist!!! Puh……Schotter und Böen sind wirklich eine Scheiß Kombination!


Etwas verkrampft steuern wir um eine Ecke und hier ist es plötzlich windstill, und der türkise See begleitet uns ab jetzt – doch Vorsicht! – es ist eine lieblich – trügerische Ruhe!!! Mit jeder Kurve und Talenge wird es wieder schlimmer! Auf dem See sind plötzlich Wellen wie auf dem Meer, der Wind erzeugt Wirbel die das Wasser hochziehen und wenn er an Land auf die Straße trifft nimmt er auch den Staub noch mit. Damit werden wir dann mehrmals gestrahlt und auch beinahe nochmals umgehauen – obwohl nun vorgewarnt und krampfhaft den Lenker in der Hand (schaut Euch die Videos an ;-))– das ist Abenteuer! Für die 138km Strecke brauchen wir an diesem Tag 6 Stunden!


Das Massiv der Tores del Paine ist ein östlicher Ausläufer des Patagonischen Eisschildes, welches sich über hunderte Kilometer und tausende Gipfel in Nord/Süd Richtung erstreckt. Die Kaltluft der Gletscher nehmen als Fallwinde Fahrt auf und werden durch die zerklüfteten Schluchten teils auf 150 km/h beschleunigt. Zudem drückt der Pazifik immerwährend Wolken in die Gletscherwelt, was dazu führt, dass die Westseite der Süd Anden permanenten Niederschlag ausgesetzt ist, während die Ostseite im Niederschlagsschatten liegt und fast nahtlos in die Prärie übergeht in der es relativ warm ist. Dazu kommen allein im Süden des Massivs auf 40km Länge 5 Große Seen und obendrauf noch mal 10 kleinere die sich in ihren Farben und Ausrichtung deutlich unterscheiden aber auch den Wind beschleunigen und auch verteilen. Das einzige was hier beständig ist, ist die Unbeständigkeit, des Wetters, denn nachts lässt der Wind oft deutlich nach. Dann allerdings sinken die Temperaturen auch schnell auf 5 Grad, tagsüber gibt es immerhin 13 im Schatten und bis 20 in der Sonne……es ist Sommer! – stundenweise.


Warum werden sich viele Fragen sind wir dann hierher gekommen? Eben deswegen!…..Und weil dieser ständige Mix auch ständig neue Perspektiven eröffnet! Und wenn erst die Sonne raus kommt sind die Granit Türme del Paine und die ganze umliegende Landschaft wohl der Olymp für bergaffine Natur Liebhaber weltweit. Als berühmtestes Motiv gilt dabei zweifellos die Dreiergruppe Torre Sur, Central und Norte – besonders vom Mirador der zugehörigen Gletscher Lagune Base de Torre aus gesehen. Von hier steigen diese Spitzen ebenfalls noch mal 2000 m fast senkrecht auf, und wer hier steht fühlt sich sehr klein. Das liegt auch daran, dass die Torres von weiteren ähnlich hohen Gipfeln flankiert werden mit denen sie zusammen ein U bilden. Da steht man dann und ist total geflasht! – Erst recht wenn der Hintergrund als Kontrast zum felsigen Ton das Blau und Weiß des Himmels ist – Bingo und welch Belohnung für einen 10 km langen und dreieinhalbstündigen Aufstieg.


Aber auch die andern Gipfel wie z.B. der Cerro und der Cuernos del Paine sowie der Monte Almirante Nieto, einzeln oder im Ensemble bleiben nicht nur für Alpinliebhaber unverkennbar und – einmal gesehen – für immer im Gedächtnis, dazu der natürlich verzweigte Rio Paine, die Laguna Azul, Salto Grande und, und, und…….Von einem Gaucho geführt kann man diese Weiten sogar als Greenhorn auf Pferden bereiten, und das auf Pfaden wie in Film!

Als wir uns vor rund vier Wochen am Atlantik mit ein paar argentinischen Bikern über unsere Tour unterhalten hatten, sagte der Eine: „Was ihr in Chile sehen werdet wird sich in Eure Netzhaut einbrennen!“ – Ist schon passiert!!! – und wir sind gespannt wie viele Asse die Anden noch im Ärmel haben!

Ushuaia & El Fin del Mundo

Veröffentlicht in: Abenteuer, Ort, Reise, Route | 2

Wenn man von Buenos Aires kommend im Zick Zack und auf der Ruta 3 die Küste herunter gekommen ist und dabei auf 5000 km weder wirklich Kurven noch Berge nach den uns bekannten europäischen Maßstäben erleben konnte, nimmt man die Veränderung der Landschaft nach der Stadt Rio Grande schon als dramatisch war. Es gibt statt gelber Steppe und salzigen Wasserlaachen wieder Wald, saftige Weiden und riesige Süßwasserseen. Dann zaubert die Bergkette der Fuegischen Anden jedem der sich ihr nähert ein riesiges Grinsen ins Gesicht und plötzlich geht es da drüber – Yeah!
Die Berge unterscheiden sich nicht wirklich von den Alpen – steil, schroff und immer noch teils Schnee bedeckt. Aber die Vegetation in Ihrer Ursprünglichkeit, die vom Wind schräg gewachsenen Bäume die keine Tannen oder Kiefern sind, dichter Urwald, völlig unbewirtschaftet und auch undurchdringlich – machen bewusst dass wir nicht in Europa sind. Und dann erreichst Du tatsächlich die Stehlen am Ortseingang von Ushuaia……es ist kaum zu glauben und ein unbeschreiblich großes Gefühl.
Wenn man die argentinischen Städte der Ostküste kennengelernt hat, die kaum eine Erhebung kennen, nur in Blocks aufgeteilt sind und ihr Gesicht mit wenigstens 5 hässlichen viel zu hohen Neubauten erkaufen mussten, überrascht einen Ushuaia auf den ersten Blick – so wie die Veränderung der Landschaft auf die letzten 150km, zumindest vordergründig.

Schon auf Grund ihrer Hanglage erscheint sie überschaubarer als alles was wir bisher kennen, wenngleich die Ausdehnung des urbanen Gebietes sich auch auf über 10km Länge erstreckt. Doch in der Breite sind es nicht mehr als 2km und auf Grund des Gefälles zum Meer hin somit überschaubar. Dieses Gefälle und die Falten des Erdmantels setzen zudem auch der quadratischen Einteilung in Blocks Grenzen, es gibt kein herausstechendes Gebäude dass vom inneren Empfinden sofort als unpassend disqualifiziert wird.


Dafür sind die Häuser bunter und haben spitze Dächer mit Schornsteinen (wenn meist auch nur wegen Gas). Das Grün, Blau, Weiß und Braun der Umgebung bettet die Stadt farbenfroh in die Landschaft hier am Beagle Canal darüber hinaus es gibt das was man Wetter nennt. Frühling, Sommer Herbst und Winter können hier auch mal an einem Tag durchziehen – das mach sympathisch zumindest für Abenteurer.
Doch wenn man in die Stadt abtaucht erwartet einem in vielen Bereichen genau solch abenteuerliche Improvisation wie wir Sie in den andern Städten, bzw. Argentinien angetroffen haben. Die Stromleitungen sind alle überirdisch verlegt. Parallelstraßen zu den Hauptadern oder Abzweige in neue Wohnviertel sind nicht asphaltiert – wenn es drei Tage nicht geregnet hat staubt es wie irre und der scheinbar immerwährende Wind verteilt den Dreck überall. Darüber hinaus gibt es keine geordnete Baustruktur – jeder (so scheint es) macht was wer will oder was der Geldbeutel hergibt, und das hinterlässt selbst in besseren Gegenden oft auch hässliche Bauruinen. Der soziale Wohnungsbau gebährt Gebäude die bei uns maximal als Knast Block durchgehen und eher an Russlands verbotene Städte erinnern.

Motorisierte Verkehrsteilnehmer im allgemeinen setzen auf das Motto „solange die Karre anspringt ist sie fahrtauglich“, oder auch „loud Pipes save Lives“, und im kommerziellen Bereich ist „Efectivo“ (spanische Bezeichnung für Cash((welch eine Wahrheit!)) auch hier durch nichts zu ersetzen – gerne in US Dollar. Dafür gibt’s dann ne handgeschriebene Quittung – bestenfalls.


Was es jedoch in jedem Fall gibt, ist Höflichkeit und Gastfreundschaft – hier sogar häufig mit englisch oder auch deutsch Kenntnissen angereichert – und das ist für argentinische Touristenorte nicht immer selbstverständlich. Es gibt eine Mainstreet mit allen Souvenir und Markenläden, die der Besucher oder stielbewusste Einwohner braucht und mit urigen Kneipen in denen die Preise doppelt so hoch sind wie zwei Querstraßen weiter in der Quartiersschenke. Dazu Museen, Restaurants, Spa – und Wellness Tempel der Oberklasse und natürlich ein Hard Rock Café – nicht schlecht für das Ende der Welt!


Doch das ist Ushuaia definitiv nicht, denn das Ende liegt 23km weiter westlich an einem Ort namens Lapataia! Gleich an der Stadtgrenze Richtung Westen geht die Ruta 3 in Schotter über – wahrscheinlich um das Feeling – vor allem bei den kreuzfahrenden Bustouristen so real wie möglich zu gestalten – denn bei der Bedeutung für den lokalen Tourismus kann man es sich nicht anders erklären, dass diese Strecke nicht asphaltiert wird…..schließlich kostet auch der Eintritt 7 Euro pro Person in den gleich folgenden Nationalpark Park Tierra del Fuego in dem das Ende liegt. Aber es lohnt sich – dichter, undurchdringlicher Urwald, dazwischen Sümpfe und Moore, kleine und große Seen glasklarem Wassers. Darüber hinaus wilde Pferde und eine Fauna die sich deutlich von der unsrigen unterscheidet.

Doch es gibt auch einen anderen Weg sich diesem Naturparadies zu nähern – mit dem Tren del Fin del Mundo!
1902 beschloss die Provinzregierung von Feuerland den Bau einer Feldbahn welche die Stadt Ushuaia mit Brennholz und Baumaterial aus den unerschöpflich scheinenden Wäldern versorgen sollte. Deren Bau wurde von den Sträflingen der hier angesiedelten Kolonie immer weiter vom Stadtrand hinaus in die Wildnis getrieben, die Bahn tat 45 Jahre ihren Dienst. 1947 wurde Feuerland von einem schweren Erdbeben heimgesucht, welches 70 Prozent der Strecke und Bahnanlagen zerstörte. 1952 wurde die Sträflingskolonie geschlossen und die Bahn verfiel in einen Dornröschen Schlaf, wurde nicht wieder aufgebaut. 1994 begann durch einen privaten Investor eine Wiederbelebung, und so ist der Zug am Ende der Welt heute eine feste touristische Größe im Kreuzfahr – Bus & Fin del Mundo Dreieck. Auch wenn die Endstation der Bahn immer noch 8km von Lapataia entfernt liegt sind die Züge mit rollendem Material aus Epochen Anfang des vorigen Jahrhunderts gut gefüllt. Es gibt es wohl kaum eine romantischere Vorstellung ans Ende der Welt zu reisen als mit dieser Bahn.


Doch nach den weiteren 8 km ist plötzlich Schluss mit allen Wegen, mit der Ruta 3 – das kontinentale/interkontinentale Straßennetz der amerikanischen Kontinente endet abrupt in einer Bucht des Beagle Kanals, noch 100m Steg zu Fuß – das wars. Nichts spektakuläres wie das Nordkap, aber was für ein symbolischer Ort für fernwehgetriebene Abenteurer und sehnsuchtsvolle Gedanken. Von hier nach Prudhoe Bay Alaska sind es 17848km – und es gibt nicht wenige für die dieser Ort Anfang statt Ende ist!

Trotz allen Trubels bieten sich tatsächlich Zeitfenster in denen Mann/Frau hier draußen für Minuten ganz allein ist – und dann fühlt man sich wirklich wie am El Fin del Mundo.

LP

Cabo Raso

Veröffentlicht in: Abenteuer, Ort, Reise | 5

Ein Haus im Sturm – oder – Wo sich die Elemente küssen



Doch Straße bedeutete damals prinzipiell Schotter und Dreck und die Fahrzeuge der 1910er bis 1950iger Jahre waren weder mit großer Langsteckentauglickeit, Allradantrieb oder Zuverlässigkeit gesegnet und die Distanzen zwischen den Orten sind noch heute gewaltig. Deshalb wurden an bestimmten Orten wo oft bereits eine Telegraphenstation oder eine Hazienda bestand hatte eine Werkstadt, ein Hotel und andere Infrastruktur wie z.B. Polizeistation eingerichtet.
Um das Cabo Raso hatten bereits Ende der 1890 ein paar deutsche, französische und norwegische Familien Land in Besitz genommen, welche nun auch entscheidend zur Errichtung und Funktion der Infrastruktur als auch zu einem funktionierenden dörflichen Leben beitrugen. Als jedoch das Verkehrsaufkommen und auch der Bedarf an schneller Beschaffung von Waren und Gütern zunahm entschied die Regierung den Bau einer neuen Straße – der Ruta 3 – mit endlosen Geraden und durchgehend asphaltiert – bis zu 70 km Luftlinie entfernt von der Küste durch die Pampa zu treiben. Mit Fertigstellung eines jeden Abschnittes starb ein andrer kleiner Ort der Ruta 1, und die letzte Bewohnerin 1985. Die Gebäude wurden verlassen, verfielen oder wurden geplündert, Cabo Raso ward alsbald vergessen.
Das änderte sich um 2006 als zufällig Eliane Fernandez Müller mit Ihrem Mann Rodrigo und ihren beiden jüngsten Kindern hier ein paar Tage Outdoor Camping am Meer verbrachten. Schon lange waren Sie auf der Suche nach eigenem Land außerhalb der Städte, verliebten sich in diesen Platz – das Projekt Wiederaufbau mit sanften Tourismus begann.
In jahrelanger ehrgeiziger Arbeit entstand Stück für Stück ein wundervoller Ort liebvoller Improvisation. Es gibt 3 geräumige Zimmer im Haupthaus, zudem 3 kleine Häuser mit Vollausstattung. Dazu einen großen Gemeinschaftsraum mit Kamin und Ofen der gleichzeitig auch als Gastraum dient, denn es werden auch für Durchreisende Speien und Getränke angeboten. Doch nichts hier ist High End oder nur annähernd dass was wir in Europa Standard benennen würden – ganz im Gegenteil – die Funktion und Kommunikation steht im Vordergrund! Jedoch ist alles sehr liebevoll gemacht und auch dekoriert – jedes Mobiliar, jeder Fensterrahmen, Waschbecken, Bett, Schrank stammt aus verschiedenen Epochen – oft noch aus der Gründerzeit des Ortes, und das spürt man. Kein Fenster kein Türspalt ist dicht, es zieht und pfeift denn der Pampawind ist unnachgiebig. Es gibt kein Internet, kein TV – die Elektrizität im ganzen Haus ist auf 12V umgerüstet – wenn man warm duschen will muss eine Stunde vorher der Badeofen angeheizt werden. Dafür gibt es Bücher in verschieden Sprachen und Halbpension – einzig gesammelt als auch angerichtet von den Eheleuten. Es gibt unbezahlbare Gespräche mit Ihnen über das Leben hier draußen, sowie den genauso unbezahlbaren und unverbaubaren Blick auf den völlig unberührten Atlantik. Hinter dem Dünendamm, sind Nandus, Lamas, Schafe und Maras die auf Steinwurfweite heran kommen.
Wer back to the Roots will wird hier fündig und auch auf genau die Art Mensch treffen, welche dem Irrsinn der schneller, höher, weiter Ideologie überdrüssig sind. Doch genau dann wenn man sich dabei ertappt eben Dies hier für sich als immer andauernde Maxime zu erheben, wird einem bewusst was es bedeutet hier draußen zu leben. 85 km Schotter ohne Brücken > wenigstens 1,5h Fahrt bei gutem Wetter in die eine Richtung zu einem Ort mit Supermarkt, Tankstelle, Arzt etc. entfernt (in die andere Richtung 160km) machen bewusst, dass die Freiheit einen Preis hat – den der andauernden täglichen Improvisation ohne jegliche Gewissheit.
Und doch strahlt ganze Anwesen eine außergewöhnliche Ruhe aus, eine Station und Festung zwischen den Elementen Erde, Wasser, Wind wie sie besser nicht aufgehoben sein könnte. Als wir ankommen, pfeift der Wind ablandig mit rund 40 km/h und 31 Grad. Wir möchten gerne die Zelte im Windschatten mit Blick zum Meer aufstellen, doch das ist leider nicht gestattet – nur hinter dem haus auf einer Wiese. Nach kurzer Führung von Eliane durchs Anwesen entscheiden wir uns aber für ein Zimmer denn solcher Enthusiasmus soll belohnt werden!!……Que Suerte!!!

Wir sitzen um 23.00 Uhr mit Gin Tonic auf unsrer Terrasse bei immer noch 24 Grad aber zunehmenden Wind und betrachten ohne Lichtverschmutzung den Sternenhimmel der südlichen Hemisphäre…..unfassbar intensiv und dank passender App auch noch zu deuten!!! – um 12 geht es ins Bett.
……..Es knirscht, es poltert, es scheppert, und pfeift – der ablandige Wind ist zum Orkan erwachsen, Das Haus stemmt sich dagegen, doch alles was nicht Stein ist, biegt und windet sich unter der Last des Windes. Schon eine halbe Stunde geht das so und wir machen uns ernsthaft Sorgen um unserer Bikes die vor der Terrasse parken. Als wir raus kommen ist es immer noch sternenklar doch können wir uns selbst kaum auf den Beinen halten. Um jeweils ein Bike nach dem anderen in den Windschatten des Hauses zu bugsieren müssen wir jedes Moped zusammen links und rechts schieben, so dass es uns nicht umhaut. Zurück in den Betten schlafen wir wieder wohlig ein obwohl es noch Stunden draußen so hantiert.
Der nächste Morgen begrüßt uns wolkenlos – fast windstill von See und Land – bei jetzt allerdings nur noch 14 Grad. Nichts am Haus oder im Garten ist umgefallen oder kaputt gegangen – obwohl uns Eliane versichert, dass es ein ungewöhnlich schwerer Sturm war, scheint alles was wir sehen in Ordnung und es funktioniert, wir bekommen ein erstklassiges Frühstück und reisen sicher und gestärkt zu Mittag ab. Genau darauf liegen die Prioritäten bei einem Haus im Sturm, mehr braucht es nicht!

Cabo Raso