Wie reist man auf dem Kontinent?
OK – Wir haben es geschafft, wir haben s getan!!! Wir haben tatsächlich unsere Bikes über den Ozean gebracht und sind los gefahren! – Keine Frage – das ist eine Leistung die Stunden, Tage, Monate an Vorbereitung und Recherchen brauchte. Unzählige Whats App Nachrichten und Telefonate, Hilfe von Freunden, Familie, Kollegen und, und, und……..Und jeder in diesem Kreis sieht die Leistung genau so ein Projekt umzusetzen als gewaltig an, denn keiner den wir kennen, kennt jemand aus erster Hand der das auch schon gemacht hat. Dazu noch mit dem Motorrad……in Südamerika – einem Kontinent der in Europa eher durch Wirtschafts – und Umweltkatastropen wahrgenommen wird!!?? Dazu Korruption, Gewalt, Kriminalität!!! Wenigstens 50% halten uns für verrückt aber auch gleichzeitig mutig und wir uns selbst zwischenzeitlich auch – denn wir können nicht wissen: Wie fühlt sich reisen an auf diesem Kontinent an?
Großartig!!! Schon beim recherchieren wird klar – Reisen ist hier auch völlig normal. Egal ob national oder International, ob geschäftlich oder privat, in den Urlaub, zur Familie, zum Studium oder Arbeit. Google Maps ist voll mit Einträgen zu Ausflugszielen, Wanderwegen, Hotels, Restaurants und Museen – und das in jedem Land des Kontinents. Überall dort findet man Fotos von Reisenden, zu Fuß, getrampt, per Flieger, Bus & Bahn PKW, Wohnmobil und selbstverständlich Motorrad. JAAA Motorrad!
Die Südamerikaner lieben Motorräder und Motorradfahrer Südamerika – schon nach einer Woche verstehen wir warum. Zum einen ist es die Weite und die dadurch entstehenden Möglichkeiten Routen zu wählen die zu Zielen führen die ganz weit draußen sind. Doch im Gegensatz zu Europa gibt kaum Alternativen zu der gewählten Route nach ganz weit draußen was wiederum bedingt dass sich die Reisenden auf diesen Routen begegnen.
Diese Begegnungen sind die Essenz des Reisens und schmieden vor allem hier auf dem Kontinent eine Allianz – völlig unabhängig der Nationalität oder der Reiseuntersatzes. Schon als wir unsere Uruguay Runde drehen schlägt uns eine Menge Sympathie auf der Straße entgegen – und dabei ist noch nicht mal ersichtlich das wir aus Alemania sind!? Lediglich unsere Mopeds fallen auf, da das Model Yamaha Tenere 700 hier nicht angeboten wird – nur in Chile seit 2023. Alle die motorradbegeistert sind wissen das und unsere Mopeds sind Muy Lindo!!!!!! Das macht die Maschinen umgehend zum Foto Objekt – mit oder ohne uns, mit Papa, Sohnemann, Tochter und Mama…….Und dann das Nummernschild?? – kann niemand einordnen – weder URY, ARG, BRA, PRY???????……Wir beobachten oft wie die Leute im Auto hinter uns anfangen zu googlen. Alemania!!!!!!!! Das ist nicht zu fassen!…..“und sie kommen hier her um unser Land zu bereisen?“ „Si porque no?“
Das geht in Argentinien genau so weiter und wird sogar noch besser. Als wir aus Buenos Aires heraus auf die Ruta 3 biegen um endlich Meter nach Süden zu machen bekommen wir von jedem zweiten LKW Lichthupe, auch von jedem 4ten PKW!!!??? Die, die wir überholen tun oft das Gleiche??? Natürlich überholen wir so wie bei uns zu Hause!!!………beruhigt Euch Leute!!!…..wir wissen von Europa die eigene Geschwindigkeit in Raum und Zeit sehr gut einzuschätzen, und unsere Motor Power reicht für Euch alle………!!! Es dauert rund 1000km bis wir begreifen, dass es keine Warnsignale sind, sondern dass man uns als Reisende wahrnimmt….und anfeuert! YEAH – zwei Biker – verwegen mit Gepäck im Kampf gegen den Wind, die Pampa, Endlosgeraden und Einsamkeit – und ja – auch deren Gefahren!! Keiner checkt in dieser Situation wo wir her sind – geschweige denn aus Alemania und dem alten Kontinent.
Wenn wir am Mirador oder sonst wo halten – das selbe Spiel wie in Uruguay. Dabei ist es niemals aufdringlich oder anmaßend. Es ist unglaublich mit wieviel Respekt und freundlichen Ratschlägen man uns für unsere Unternehmung begegnet und wir versuchen natürlich den Respekt als Gäste des Landes zurück zu geben. Dabei spielt es wiederum keine Rolle ob wir von einem Familienvater im abgehalfterten argentinischen FORD Falcon oder der gutbetuchten brasilianischen Familie im Mercedes Benz Wohnmobil angesprochen werden – es sind ausnahmslos freundliche bis herzliche Begegnungen!
Hier in Südamerika kommuniziert die Reise Comunity scheinbar auf Augenhöhe, niemand schaut auf den anderen herab! Besonders in Argentinien – das sei hervorzuheben! Scheißegal was du fährst – ob MAD MAX Wohnmobil oder 60 jahre alten Benz Hauber, klassischer VW Bulli, Reisedampfer, 50jahre alter PKW, Moped, Chopper oder Superenduro – man erkennt dich, man erkennt sich – und findet zusammen!!! Dabei Reist man auch gerne mit Hund und Katz. Jaaa!! – Auch auf dem Motorrad!!! Wir treffen ein argentinisches Pärchen -sicher ende 60, dass auf ihrem 400er Chopper nebst Campinggepäck auch noch den Vierbeiner mit nach Feuerland nimmt. Oder der Kanadier der hinten auf dem Bock einen wirklich großen Wuff als Sozius mit durch die Welt kutschiert!! Dort wo man sich trifft werden dann reisepersonalisierte Sticker des jeweiligen Trips ausgetauscht oder an Wände, Scheiben und Schilder gepappt. Mit Internet Adresse ………falls mal jemand was braucht.
Wir beginnen zurück zu Grüßen > Trucks, PKWs, Radfahrer, Mopeds sowieso! Wer hier liegen bleibt muss nur beim nächsten Fahrzeug die Hand heben – keine Frage – es wird halten und es wird Hilfe angeboten – so wie nur irgend möglich. Wir haben uns noch niemals beim Reisen so gut gefühlt wie hier – jaaa das Feeling ist real!!
Solch ein Zusammenhalt ist uns in Europa (auch unter Bikern) wohl mittlerweile leider etwas abhanden gekommen, und leider allzu oft einem hochnäsigen Prestigedenken gewichen – what a shame!!! Und in diesem Zusammenhang beginnen wir uns selbstkritisch zu hinterfragen – bestens ausgestattet mit Material und Moneten auf einem Kontinent, wo sich 80% der Menschen weder jährlich einen Urlaub leisten können, geschweige denn 6 Monate mit bester Hardware!!????? Doch statt Neid oder Abneigung schlägt uns Bewunderung und Freude entgegen – Alemania!!
So und so werden wir an unsere Wurzeln erinnert, als wir mit 16 und der Simson vollgepackt nach Pilsen zum Camping aufgebrochen sind! Pilsen – was für eine Entfernung!??? Heute und hier lächerlich! Auf diesem Kontinent starten Paare gemeinsam auf einer China 150er von Buenos Aires nach Feuerland – natürlich mit 100%Camping!!! Was anderes können Sie sich nicht leisten!!! Und das ruft voller aufrichtiger Ehrlichkeit unsere Bewunderung hervor. Nicht wir – sondern sie sind die wahren Helden der Landstraße!! Enthusiasten wie ein Pärchen aus Ecuador, welches mit einer 200er Honda nach Ushuaia fährt. Mangels Verfügbarkeit von Motorrad Schutzkleidung haben sie sich Volleyball Schützer über Jeans und Jacke geschnallt und darunter alles an was geht. Sie frieren fürchterlich als wir sie in Calafate an der Tanke treffen. Aber Sie wollen das unbedingt machen und als wir Sie um ein Foto bitten strahlen Sie heller als die Sonne. Es wärmt Ihr Herz , dass zwei perfekt equipte Alemanos ihnen Respekt zollen.
Oder auch die kolumbianischen Pärchen – beide gerade mal so groß wie ihre 600er hoch bepackt! Die einen haben zudem noch ein paar Reifen drangedengelt – so ne Fuhre muss sich steuern lassen wie ein Raketentransporter…..doch in 5 km beginnt der Schotter!!! – Sie wissen was sie tun.
Genauso Rodrigo – der fahrende Poet. Seit 6 Jahren mit einer 125er durch Argentinien unterwegs um an Schulen die Muttersprache und Literatur zu unterrichten. Oder die beiden jungen Brasilianer die wir gerade am Fin del Mundo treffen als sie mit ihrer 300er nach Alaska Fairbanks aufbrechen. WOW, YEAH! Wir sind nichts gegen euch – und doch sieht deren aller Antwort völlig gegenteilig aus – Bienvenidos viajeros de Sudamerica – ustedes son parte de nosotros!!!! Bon Viaje!!!
Doch es geht auch anders. Wir lernen eine Gruppe geführter Motorradfahrer kennen, die für 18 Tage Reise und 20 Übernachtungen mit Essen pro Person so viel Geld ausgeben wie wir ungefähr für unsere ganze Reise incl. Transport!!! Getränke, Sprit, Flug und Sozia kommen bei denen dann noch extra! (Ihr dürft gerne Googeln) Das alles um hier mit einer 1200GS hinter dem Guide herzufahren und sich in vermeidlicher Sicherheit wiegend den wilden Outdoorer zu mimen – denn ein Begleitfahrzeug für Gepäck und Service ist immer dabei. Das klingt sicher fies – vielleicht ist es das ja auch – aber mehr fällt uns dazu nicht ein. Den Gipfel allerdings stellt eine Gruppe geführter Wohnmobilisten aus D / A / CH dar. Die geben pro Person (nicht Wohnmobil!) das doppelte von den Motorradfahrern aus!! Zwar für 7 Monate – aber die Leistungen sind schnell erzählt: Landesprachliche Betreuung und Unterstützung der bei den Formalitäten der Grenzübertritte, Roadbook, Koordinaten für Treffpunkte und 20 Exkursionen zu Sehenswürdigkeiten mit deutscher Führung.
Transport, Flug, Campingplatz, Sprit, Verpflegung – ja das ganze tägliche Leben kommen extra! In diesem Tross sind sogar noch drei Weltreise LKW dabei die für ganz, ganz, ganz weit draußen gemacht sind!! Das verschlägt uns die Sprache und jedem Südamerikaner wahrscheinlich auch.
Aber auch weitere alternative Möglichkeiten bzw. Personen die diese nutzen begegnen uns. Es gibt praktisch vom Motorrad über das Auto bis zum Oversize Camper alles zu mieten. Wir treffen zwei junge Franzosen, die sich in Bolivien eine 250er Irgendwas gekauft haben und hier unterwegs sind – zwei Griechen hatten in Peru diverse Mopeds beschafft. Expeditions LKWs aus Europa, Fahrradfahrer, Tramper, Busreisende, – aber alle auf eigene Faust! Und wer sich drauf einlässt wird mit Sicherheit den Respekt und die Leidenschaft der Kontinentalbewohner für Traveling in Southamerika erfahren.
In diesem Sinne wer nicht wagt…………..