Ushuaia & El Fin del Mundo

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Wenn man von Buenos Aires kommend im Zick Zack und auf der Ruta 3 die Küste herunter gekommen ist und dabei auf 5000 km weder wirklich Kurven noch Berge nach den uns bekannten europäischen Maßstäben erleben konnte, nimmt man die Veränderung der Landschaft nach der Stadt Rio Grande schon als dramatisch war. Es gibt statt gelber Steppe und salzigen Wasserlaachen wieder Wald, saftige Weiden und riesige Süßwasserseen. Dann zaubert die Bergkette der Fuegischen Anden jedem der sich ihr nähert ein riesiges Grinsen ins Gesicht und plötzlich geht es da drüber – Yeah!
Die Berge unterscheiden sich nicht wirklich von den Alpen – steil, schroff und immer noch teils Schnee bedeckt. Aber die Vegetation in Ihrer Ursprünglichkeit, die vom Wind schräg gewachsenen Bäume die keine Tannen oder Kiefern sind, dichter Urwald, völlig unbewirtschaftet und auch undurchdringlich – machen bewusst dass wir nicht in Europa sind. Und dann erreichst Du tatsächlich die Stehlen am Ortseingang von Ushuaia……es ist kaum zu glauben und ein unbeschreiblich großes Gefühl.
Wenn man die argentinischen Städte der Ostküste kennengelernt hat, die kaum eine Erhebung kennen, nur in Blocks aufgeteilt sind und ihr Gesicht mit wenigstens 5 hässlichen viel zu hohen Neubauten erkaufen mussten, überrascht einen Ushuaia auf den ersten Blick – so wie die Veränderung der Landschaft auf die letzten 150km, zumindest vordergründig.

Schon auf Grund ihrer Hanglage erscheint sie überschaubarer als alles was wir bisher kennen, wenngleich die Ausdehnung des urbanen Gebietes sich auch auf über 10km Länge erstreckt. Doch in der Breite sind es nicht mehr als 2km und auf Grund des Gefälles zum Meer hin somit überschaubar. Dieses Gefälle und die Falten des Erdmantels setzen zudem auch der quadratischen Einteilung in Blocks Grenzen, es gibt kein herausstechendes Gebäude dass vom inneren Empfinden sofort als unpassend disqualifiziert wird.


Dafür sind die Häuser bunter und haben spitze Dächer mit Schornsteinen (wenn meist auch nur wegen Gas). Das Grün, Blau, Weiß und Braun der Umgebung bettet die Stadt farbenfroh in die Landschaft hier am Beagle Canal darüber hinaus es gibt das was man Wetter nennt. Frühling, Sommer Herbst und Winter können hier auch mal an einem Tag durchziehen – das mach sympathisch zumindest für Abenteurer.
Doch wenn man in die Stadt abtaucht erwartet einem in vielen Bereichen genau solch abenteuerliche Improvisation wie wir Sie in den andern Städten, bzw. Argentinien angetroffen haben. Die Stromleitungen sind alle überirdisch verlegt. Parallelstraßen zu den Hauptadern oder Abzweige in neue Wohnviertel sind nicht asphaltiert – wenn es drei Tage nicht geregnet hat staubt es wie irre und der scheinbar immerwährende Wind verteilt den Dreck überall. Darüber hinaus gibt es keine geordnete Baustruktur – jeder (so scheint es) macht was wer will oder was der Geldbeutel hergibt, und das hinterlässt selbst in besseren Gegenden oft auch hässliche Bauruinen. Der soziale Wohnungsbau gebährt Gebäude die bei uns maximal als Knast Block durchgehen und eher an Russlands verbotene Städte erinnern.

Motorisierte Verkehrsteilnehmer im allgemeinen setzen auf das Motto „solange die Karre anspringt ist sie fahrtauglich“, oder auch „loud Pipes save Lives“, und im kommerziellen Bereich ist „Efectivo“ (spanische Bezeichnung für Cash((welch eine Wahrheit!)) auch hier durch nichts zu ersetzen – gerne in US Dollar. Dafür gibt’s dann ne handgeschriebene Quittung – bestenfalls.


Was es jedoch in jedem Fall gibt, ist Höflichkeit und Gastfreundschaft – hier sogar häufig mit englisch oder auch deutsch Kenntnissen angereichert – und das ist für argentinische Touristenorte nicht immer selbstverständlich. Es gibt eine Mainstreet mit allen Souvenir und Markenläden, die der Besucher oder stielbewusste Einwohner braucht und mit urigen Kneipen in denen die Preise doppelt so hoch sind wie zwei Querstraßen weiter in der Quartiersschenke. Dazu Museen, Restaurants, Spa – und Wellness Tempel der Oberklasse und natürlich ein Hard Rock Café – nicht schlecht für das Ende der Welt!


Doch das ist Ushuaia definitiv nicht, denn das Ende liegt 23km weiter westlich an einem Ort namens Lapataia! Gleich an der Stadtgrenze Richtung Westen geht die Ruta 3 in Schotter über – wahrscheinlich um das Feeling – vor allem bei den kreuzfahrenden Bustouristen so real wie möglich zu gestalten – denn bei der Bedeutung für den lokalen Tourismus kann man es sich nicht anders erklären, dass diese Strecke nicht asphaltiert wird…..schließlich kostet auch der Eintritt 7 Euro pro Person in den gleich folgenden Nationalpark Park Tierra del Fuego in dem das Ende liegt. Aber es lohnt sich – dichter, undurchdringlicher Urwald, dazwischen Sümpfe und Moore, kleine und große Seen glasklarem Wassers. Darüber hinaus wilde Pferde und eine Fauna die sich deutlich von der unsrigen unterscheidet.

Doch es gibt auch einen anderen Weg sich diesem Naturparadies zu nähern – mit dem Tren del Fin del Mundo!
1902 beschloss die Provinzregierung von Feuerland den Bau einer Feldbahn welche die Stadt Ushuaia mit Brennholz und Baumaterial aus den unerschöpflich scheinenden Wäldern versorgen sollte. Deren Bau wurde von den Sträflingen der hier angesiedelten Kolonie immer weiter vom Stadtrand hinaus in die Wildnis getrieben, die Bahn tat 45 Jahre ihren Dienst. 1947 wurde Feuerland von einem schweren Erdbeben heimgesucht, welches 70 Prozent der Strecke und Bahnanlagen zerstörte. 1952 wurde die Sträflingskolonie geschlossen und die Bahn verfiel in einen Dornröschen Schlaf, wurde nicht wieder aufgebaut. 1994 begann durch einen privaten Investor eine Wiederbelebung, und so ist der Zug am Ende der Welt heute eine feste touristische Größe im Kreuzfahr – Bus & Fin del Mundo Dreieck. Auch wenn die Endstation der Bahn immer noch 8km von Lapataia entfernt liegt sind die Züge mit rollendem Material aus Epochen Anfang des vorigen Jahrhunderts gut gefüllt. Es gibt es wohl kaum eine romantischere Vorstellung ans Ende der Welt zu reisen als mit dieser Bahn.


Doch nach den weiteren 8 km ist plötzlich Schluss mit allen Wegen, mit der Ruta 3 – das kontinentale/interkontinentale Straßennetz der amerikanischen Kontinente endet abrupt in einer Bucht des Beagle Kanals, noch 100m Steg zu Fuß – das wars. Nichts spektakuläres wie das Nordkap, aber was für ein symbolischer Ort für fernwehgetriebene Abenteurer und sehnsuchtsvolle Gedanken. Von hier nach Prudhoe Bay Alaska sind es 17848km – und es gibt nicht wenige für die dieser Ort Anfang statt Ende ist!

Trotz allen Trubels bieten sich tatsächlich Zeitfenster in denen Mann/Frau hier draußen für Minuten ganz allein ist – und dann fühlt man sich wirklich wie am El Fin del Mundo.

LP
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2 Antworten

  1. Conny

    das Ende oder auch der Anfang der Welt…wie geil ist das denn…❤️…und dann diese Natur , plus Eisenbahn…besser geht nicht 🏍🌎🏍…ihr zwei Glückspilze…

  2. Peter Pallat

    Ein Wahnsinnsabenteuer😍… einmal bis ans Ende der Welt und zurück … auf 2 Rädern 🏍

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